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 Die Perspektiven von Menschen mit HIV/Aids in die Planung ..

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BeitragVerfasst am: 27.04.2009, 20:14    Die Perspektiven von Menschen mit HIV/Aids in die Planung .. Antworten mit ZitatNach oben

Die Perspektiven von Menschen mit HIV/Aids in die Planung von Prävention einbeziehen

Die Positiven Begegnungen in Stuttgart haben unter anderem den Auftrag erteilt, dafür Sorge zu tragen, dass die Perspektiven betroffener Frauen und Männer in die Prävention einbezogen werden. Aber was ist die Perspektive? Es gibt Frauen, die aus Angst um ihre Kinder, die eigene Infektion geheim halten. Es gibt aber auch die Eltern, die fragen, wie sollen wir unsere Kinde dahin erziehen, zu sich zu stehen, wenn lebensprägende Umstände von den uns verschwiegen werden? Da gibt es die Schweizer Jugendlichen, die über die Zeitschrift Bravo an die Öffentlichkeit gegangen sind. Deutsche Jugendliche waren in Stuttgart leider nicht anwesend, wie sie überhaupt in den Diskurszusammenhängen fehlen. Ist deren Perspektive die der BetreuerInnen, wie das bei der Leitbilddiskussion der DAH so schön erkennbar wurde durch den Antrag, die DAH solle für nicht nur für Menschen sondern auch für Kinder und Jugendliche zuständig sein. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ist die Sicht desjenigen maßgebend, der Angst hat, tagsüber durch das Treppenhaus zu gehen, weil er die Frage der Nachbarin fürchtet, warum ein so junger Mann eigentlich nicht arbeitet? Ist es die Sicht desjenigen, der sofort nach dem Einzug in ein Haus mit hundert Parteien über den Grund seiner Verrentung plaudert, um klare Verhältnisse zu haben? Da gibt es Menschen, die in beruflichen Zusammenhängen Rücksicht nehmen (müssen), die realen Erfahrungen der Ausgrenzung - auch im Medizinsystem. Aber manche Firmen erteilen jeglicher Form von Ausgrenzung eine klare Absage. Schwule Männer machen auf der sexuellen Pirsch ganz unterschiedliche Erfahrungen. Viele serodifferente Partnerschaften scheinen zu belegen, dass eine große Bereitschaft da ist, positive Partner zu akzeptieren. Andrerseits haben viele erlebt, wegen der HIV-Infektion als Sexualsubjekt abgelehnt zu werden. Es gibt die Berufspositiven ebenso wie diejenigen, die sich allenfalls bei Positiventreffen fern der Heimat zu ihren Viren bekennen. Von der Phantasie das größtmögliche Elend schultern zu müssen bis zur Haltung, man wolle mit keinem Rheumakranken tauschen, ist alles vertreten. Es gibt Menschen, die seit 20 Jahren jeden Laborbericht sammeln und die Haltung, mein Arzt soll mich nur dann informieren, wenn etwas Behandlungsbedürftiges oder sexuell Bedeutsames vorliegt. Bei den Nebenwirkungen der Therapien gibt es von großen Leiden über die Einordnung als Bagatellproblem bis zum Gutverträglichen alles.

Lässt sich ein Konsens zu den Zielen herstellen? Möchten wir, dass im gesellschaftlichen Umgang HIV wie jede andere Infektionskrankheit behandelt wird? Das heißt aber auch, diskrimierungsärmere Verhältnisse vorausgesetzt, die Abschaffung aller Besonderheiten des Umgangs.

Das setzt voraus, dass die Positiven nicht als Drohkulisse gebraucht werden, dass sie bei der Mitwirkung in der Prävention säuberlich unterscheiden zwischen eigenen Schwierigkeiten und Dramatik und den Erfahrungen anderer. Dazu gehört eben, dass viele mit der Infektion ohne große Probleme – außer den Zuschreibungen – leben. Wie ist dann der Umstand einzuordnen, dass viele Positive in der EKAF Debatte erklärt haben, es sei zwar richtig, dass durch die Therapien die Infektiösität gegen null sinken könne, das dürfe man aber nicht laut sagen, es schützte sich dann doch niemand mehr? Das heißt dann aber auch, dass der oft angetragenen Forderung die Probleme in den Vordergrund der Prävention zu stellen, widerstanden werden muss.

Besteht Einigkeit darüber, dass es für (noch) nicht Infizierte Sinn macht, sich zu schützen? Besteht Einigkeit darüber, dass auch mit HIV ein erfülltes (auch Sexual-)Leben möglich ist? Kann man von Positiven erwarten, dass sie unabhängig von der Viruslast Kondome benutzen, wenn sie nicht sprachlich über diese Frage kommunizieren? Kann man von Negativen erwarten, dass sie das gleiche tun oder über unsafe Begegnungen informieren? Ist das ganze von Orten der Begegnung abhängig? Kann man erwarten, dass in Beziehungen offen kommuniziert wird und wann ist der Zeitpunkt, ab dem eine Beziehung anzunehmen ist?

Ist es Aufgabe der Prävention, all die verschiedenen Bilder zu vermitteln oder klar zu sagen, dass man nichts erwarten sollte? Erwarten wir, dass Risikobewertungen gewichtet werden, also der Lusttropfen beim Blasen anders bewertet wird, als das Sperma im Darm, und der Koitus interruptus noch anders, oder spielt das keine Rolle, weil es keinen Unterschied macht, wenn sich ein hohes oder ein geringes Risiko tatsächlich verwirklicht? Ratsuchende lechzen immer nach solchen Angaben, am liebsten in Prozentangaben. Aber kann man diesem Wunsch überhaupt entsprechen?

Welchen Stellenwert haben die unsäglichen Strafverfahren? Offensichtlich ist in den Köpfen mancher Staatsanwälte fest verankert, dass HIV unabhängig von Therapien hoch gefährlich sein soll und dass es eine klare Unterscheidung zwischen Tätern und Opfern geben soll. Welcher Unterstützung bedarf es, das umzusetzen, was man wichtig und richtig findet und zwar auf der Basis interessenlos offengelegter Informationen.

Wie kann die Perspektive überhaupt eingebracht werden? Ist für schwule Männer IWWIT eine Plattform, braucht es Resolutionen, Mitarbeit in den örtlichen Aidshilfen, um von unten Inhalte einzubringen? Das EKAF Statement kann nur diejenigen überrascht haben, die vorher nicht die von der AH Offenbach veröffentlichte Haltung des Schweizer Bundesgesundheitsamtes zur Kenntnis genommen haben. Und auch der Diskurs um EKAF musste in den Aidshilfen von unten her organisiert werden, weil der Dachverband und seine Gremien in dieser Frage versagt haben und sich viele Mitarbeiter von Aids-Hilfen schwer taten und tun, die entlastende Botschaft zu verkünden. Wer bringt die positive Perspektive ein – und wie? Wäre es ein erster Schritt, die MitarbeiterInnen der DAH und das Vorbereitungsteam für die Positiven Begegnungen in Stuttgart zu loben? Sie haben es jedenfalls verdient. Sollten wir uns vom Feindbild Aidshilfe nicht verabschieden und sie lieber als Ort begreifen, in den an einvernehmlicher Sexualität Interessierte, seinen sie nun positiv oder nicht sich einbringen können? Sollten wir mehr Leserbriefe schreiben? Ist es mal wieder an der Zeit öffentliche Diskussionsveranstaltungen loszutreten.

Ich bitte dringend um Diskussionsbeiträge.
Bernd Aretz

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